Samstag, 9. September 2017

Bergisch Gladbach fair-fährt sich

Die Stadt Bergisch Gladbach bewirbt seit 2015, unter anderem mit Plakaten, die Kampagne “Fahr Fair!”. Siehe auch hier auf der Seite der Stadt Bergisch Gladbach. Die Kampagne setzte sich dafür ein, die Unfallzahlen mit Radfahrern zu senken. Ein Themenschwerpunkt ist das Radfahren entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung; das kennen wir als “Geisterfahrer”.

Das ist eine gute Kampagne. Ich befürworte sie. Es ereignen sich unzählige Unfälle durch Radfahrer, die in die falsche Richtung fahren. Entweder stoßen zwei Radfahrer zusammen oder einer, der ausweicht, stürzt. Oder ein Autofahrer ist unaufmerksam beim Einfahren auf die Straße und stößt mit dem Radfahrer zusammen.

Die Stadt widerspricht sich

Leider hat die Stadt ihrerseits nicht alles nötige umgesetzt. In Moitzfeld, Herkenrath, Herweg, Ehrenfeld und Löhe gibt es ein einseitig freigegebene Gehweg oder gar benutzungspflichtige gemeinsame Geh und Radwege in beide Richtungen. Das heißt, in eine Richtung bin ich dann auf der “falschen” Seite der Straße unterwegs. 

In Anbetracht, dass dies sehr gefährlich ist, ist das bereits ein Kopfschütteln wert. 

In Anbetracht, dass Stadt und Polizei eine Kampagne dagegen fahren, kann man sich ärgern. 

In Anbetracht, dass es auf einer Straße mit einseitig benutzungspflichtigem Geh- und Radweg ein 
Plakat steht, dass dem widerspricht, blieb mir der Atem stehen.

Das Foto zeigt das Plakat an der Bushaltestelle Ehrenfeld auf der K41 zwischen Moitzfeld und Immekeppel.

Übrigens ist es dort auch sehr eng.
Hier müssen Radfahrer und Fußgänger in beiden Richtungen durch
Sehr eng, besonders wenn hier noch Leute warten




Der gemeinsamer Rad- und Gehweg ist benutzungspflichtig in beiden Richtungen! Hier ein Foto aus der entgegengesetzten Richtung.


Linksseitige Benutzungspflicht


Auch hier nochmal deutlich.
Radverkehr in beide Richtungen
Bei Löhe gibt es dann noch ein beeindruckendes Hindernis auf dem Weg. Von der anderen Seite ist es eine Warnbake. Ich hab keine Ahnung, wofür es gut sein soll. Bei Nacht kann die Warnbake, von der Rückseite her, nicht mal vor sich selbst warnen und wird zu einer Gefahrenstelle.
Im Dunkeln kaum zu sehen

Erster Hinweis bereits im März 2015


Im März 2015 schrieb ich die Verwaltung der Stadt an. Ich wies darauf hin, dass der einseitige gemeinsame Geh- und Radweg unzulässig ist. Eine Vorschrift für die Verwaltung besagt nämlich: Die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen in Gegenrichtung ist insbesondere innerhalb geschlossener Ortschaften mit besonderen Gefahren verbunden und soll deshalb grundsätzlich nicht angeordnet werden. (VwV-StVO zu § 2 Rn. 33) Ich lieferte noch ein paar zusätzliche gute Argumente:

  • Mindestbreite unterschritten, insbesondere an der Stelle des Plakates.
  • Zahlreiche Einfahrten auf die Straße, von denen aus der Geh- und Radweg nicht eingesehen werden kann.
  • Kreuzungen, die keine Hinweisschilder haben, dass Radfahrer von rechts kommen können.
  • Kreuzungen, auf denen die Radfurt nicht rot markiert ist.
Die Verwaltung der Stadt teilte mir im Juli 2016 mit, dass Baulastträger, Polizei und Verkehrsbehörde sich einen Eindruck vor Ort verschafft hatten. Sie befürworteten die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht auf den Straßen Herweg, Ehrenfeld und Löhe. Es stünde nur noch eine Entscheidung zur Durchführung der Aufhebung durch die Bezirksregierung aus.

Also ein erster Erfolg. Wow!

Zweiter Hinweis an die Stadt


Im April 2017 war das Ergebnis aber immer noch ernüchtern. Die Benutzungspflicht besteht fort. Und die Plakat-Aktion an genau dieser Straße setzte dem Ganzen nun die Krone auf. Ich schrieb daraufhin den Bürgermeister, die zuständige Personen in der Stadt-Verwaltung und der Polizei an. Ich wollte wissen, ob es sich um einen April-Scherz handelte. Es war ja gerade April. Ich wies nochmal darauf hin, dass damals alle dafür waren, den Radweg aufzuheben. Das Plakat auf dieser Straße verhöhnt nebenbei auch alle, die Regelkonform als “Geisterfahrer” fahren und deshalb Opfer eines Unfalls werden oder in Gefahr geraten, merkte ich an.
Eine Antwort ist bis heute, im Juli 2017, ausgeblieben. Schade! Die Schilder “Gemeinsamer Rad- und Gehweg” hängen immer noch unverändert.
Auch das Plakat hängt im Juli 2017 noch immer dort.
Aufnahme im Juli 2017

Fazit

Ich habe das Gefühl, die Kampagnenführer haben sich fair-fahren und das Plakat am falschen Ort aufgehangen.
Im Ernst: Bei einer vernünftigen Verkehrspolitik erwarte ich etwas mehr als nett gemeinte Plakate.

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